Top of Germany: Der Jubiläumsgrat von der Zugspitze zur Alpspitze

von , 12. Februar 2024

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Im März 2022 war ich mit meinen zwei CAMP4-Arbeitskollegen Tom und Hans unterwegs auf dem Jubiläumsgrat – von der Zugspitze zur Alpspitze. Es war eine sehr faszinierende Gratwanderung mit leichter Kletterei auf Fels und Schnee und einer Übernachtung in einer Biwakschachtel auf dem Grat.

Unsere Tour begann an unserem Arbeitsplatz, dem CAMP4 Berlin. Von dort fuhren wir nach Garmisch-Partenkirchen und verbrachten die erste Nacht im Biwak neben einem Parkplatz. Die Nacht war kühl, aber schön ruhig und der Sternenhimmel funkelte über uns.

Am nächsten Tag nach dem Frühstück gingen wir zum Parkplatz der Zugspitzbahn und fuhren mit der Seilbahn zum Gipfel. Gegen 10 Uhr morgens starteten wir unsere Tour vom Gipfel der Zugspitze und machten uns auf den Weg über den Grat zur Alpspitze. Unsere erste Station sollte die Biwakschachtel auf dem Grat sein.

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Wir hatten wirklich die besten Wetterbedingungen, es gab nicht zu viel Schnee, der vorhandene Schnee war fest, der Himmel war blau und die Sonne schien ganz wunderbar.

An diesem ersten Tag haben wir nur unsere Steigeisen genutzt und natürlich auch das Klettersteigset, das Seil konnte aber im Rucksack bleiben. Wir trugen feste Schuhe, in denen man klettern und gleichzeitig gut laufen kann. In unserem Fall mussten sie steigeisenfest sein, aber nicht zu massiv, es war schließlich März. In der Übergangszeit wird es ein leichterer, steigeisenfester Schuh tun und wenn der Grat komplett schneefrei ist und man sich sicher genug damit fühlt, reicht ein Zustiegsschuh.

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Warum sind wir eigentlich im März unterwegs gewesen? Die Winterbegehung war bewusst gewählt, um dem Andrang im Sommer zu entgehen und den Anspruch zu erhöhen. Ohne Schnee, sprich im Sommer, ist es gewiss einfacher und sicherer, dafür sind aber (gerüchteweise viele) andere Bergsteiger unterwegs.

Für uns war der Zeitpunkt perfekt. Wir waren allein – unterwegs und in der Biwakschachtel- und das Wetter war perfekt. Wir hatten so wenig Schnee, dass dieser kein Hindernis war. Im März kann das Wetter aber teilweise natürlich auch so wüst sein, dass selbst die Anreise vermieden werden sollte. Da braucht es natürlich eine kleine Portion Glück, damit es dann passt.

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Am späten Nachmittag kamen wir gemütlich bei unserer Biwakschachtel – der Jubiläumsgrathütte – an (die übrigens von Hanwag gesponsert wurde). Die rote Hütte aus Aluminium liegt auf 2684 m ü. NHN, kann bis zu zwölf Personen Unterschlupf gewähren und steht jedem offen.

Wir hatten dort einen wunderschönen Abend mit tollem Licht, obwohl die Sonne schon bald hinter dem Berg verschwand. Als wir genügend Schnee geschmolzen hatten, genossen wir einen warmen Tee und ein leckeres Abendessen. Der Platz für die Hütte ist wirklich gut gewählt, man kann gut draußen sitzen, entspannen und den Ausblick genießen.

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Die Zugspitze ist zwar Deutschlands höchster Berg, erschien mir bis jetzt aber gar nicht so hoch. Unser Weg war auf jeden Fall schwieriger als manche Trekking-Trails im Himalaya. Dazu muss ich vielleicht sagen, dass ich in der Manaslu-Region in Nepal aufgewachsen bin. Trotzdem habe ich Respekt vor so einem Gratwanderweg mit leichter Kletterei, wo man trittsicher und schwindelfrei gehen muss.

Die schwierigste Klettersteigpassage ist mit D (schwer) klassifiziert, meist liegt es aber im Bereich A-B. Die Kletterschwierigkeiten gehen bis in den unteren dritten Grad – das ist erstmal nicht sonderlich schwer.
Die schwierigsten Abschnitte, und nur diese, sind als Klettersteig angelegt. Im Winter kommt hinzu, dass einige Sicherungsdrahtseile unzugänglich unter dem Schnee liegen.
Die Herausforderung ist aber vor allem die Länge des Grates. Das heißt, je nach äußeren Bedingungen, ist man 1-2 Tage unterwegs. Man muss dabei zügig klettern, was es unmöglich macht, viel zu sichern. Man muss also 2 Tage (im Sommer sollte ein Tag reichen) ausgesetzt, ungesichert, konzentriert, zügig klettern. Und es gibt nur eine Ausstiegsmöglichkeit. Einfach aufhören geht also nicht. Man kann umdrehen und alles zurückklettern oder eben doch weitermachen.

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Bei blauem Himmel und hervorragenden Schneebedingungen haben wir aber nicht ans umkehren gedacht. Das Wetter hätte wirklich nicht besser sein können. Eine kleine Herausforderung bestand allerdings darin, dass wir nicht optimal durchgängig entweder mit oder ohne Steigeisen klettern konnten. Also haben wir sie irgendwann nicht mehr angezogen.

Der Abstieg von der Alpspitze bis zur Seilbahn-Station war teilweise vereist und sehr glatt. Der Klettersteig war meist unter dem Schnee verborgen und so war der Abstieg teilweise anstrengender, herausfordernder und schwieriger als der Grat.

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Weil noch viel Schnee lag, konnte man den Weg nicht so einfach erkennen, also sind wir neben der Skipiste hinunter ins Tal gelaufen.

Es war alles in allem eine entspannte Zwei-Tages-Tour, bei der wir das Seil nicht gebraucht haben und die Steigeisen auch nur am ersten Tag nutzten.

Für wen ist der Jubiläumsgrat zu empfehlen?

Für Menschen, die sich für schroffe, alpine Landschaft begeistern, über grundlegende Kletterfähigkeiten, Trittsicherheit und Kondition verfügen, um sich mit Genuss in diesem Gelände bewegen zu können und eine Unternehmung suchen, die einen gewissen Anspruch hat, trotzdem unkompliziert und ohne großen Zeitaufwand umzusetzen ist. Auffahrt zur Zugspitze und schon ist man beim eigentlichen Thema, ohne vorher einen Tag aufsteigen zu müssen. Nach spätestens zwei intensiven Tagen ist man wieder im Tal.

Für wen ist dieser Grat nichts?

Für alle, die sich nicht von der obigen Antwort angesprochen fühlen. Es ist ausgesetzt. Man ist die ganze Zeit und über eine längere Strecke in einem Gelände unterwegs, in dem man potenziell tödlich abstürzen kann. Gleichzeitig klettert man die meiste Zeit ungesichert. Dem sollte man mental gewachsen sein.

Unsere Ausrüstung:

Für mehr Infos: https://www.bergsteigen.com/touren/klettersteig/jubilaeumsgrat-zugspitze/

Fotocredits: Tom @tourenblog / http://tour-en-blog.de/

Japan. Mit Rad.

von , 18. Januar 2024

Nachdem ich in den letzten Jahren wieder Vergnügen an Radreisen gefunden hatte sollte es im Herbst 2023 in die Ferne gehen, auf ein paar Inseln im Westpazifik. Zuvor war ich bereits einmal im Winter dort und befand es als lohnenswertes Reiseziel. Nun also war der Plan von Osaka aus über die japanischen Alpen an die Westküste Tohokus zu fahren, nach Hokkaido mit der Fähre überzusetzen, dann den Japan Rail Pass zu aktivieren, mit diesem nach Süden zu fahren, und dann weiterzusehen bzw. zu radeln.

Anreise

Das Rad wurde in den Koffer geworfen, das Restgepäck auf zwei kleine Handgepäckstücke verteilt und in Frankfurt ein Flugzeug nach Hongkong bestiegen. Meine Flüge hatte ich so gebucht, dass ich dort bei Hin- und Rückflug jeweils gute 10 Stunden Lay-Over hatte, um mir diese Stadt anzusehen, was sich auf jeden Fall gelohnt hat. Ich habe zwar einige asiatische Metropolen gesehen, aber Hongkong ist irgendwie etwas Besonderes; die vielen bergigen Inseln, die unglaublich hohen (Wohn)Gebäude, das omnipräsente Meer und die schwer zu bestimmende Differenz zu chinesischen Festlandsstädten. Nervös, hektisch, gigantisch, unglatt. Osaka erreichte ich dann nach einem weiteren nicht so langen Flug am Abend und fand meine ‚warmshowers‘-Gastgeber unweit des Airports, wo ich vor allem meinen Radkoffer für 4 Wochen lassen konnte, aber auch eine Nacht blieb.

Nach Hokkaido

Der erste Tag war dann gleich die Feuertaufe: Linksverkehr, mit 1000 Ampeln, im Großraum Osaka, vom Jetlag noch nicht im Vollbesitz meiner Kräfte, aber ich meisterte es, wie auch die Navigation. Die erste Nacht zeltete ich wild an einem Fluss zwischen Osaka und Kyoto, Kyoto durchfuhr ich, als ignoranter Tourist, am nächsten Morgen nur, und dann ging es relativ entspannt an den Ufern des Biwa-Sees entlang, bevor ich am Abend unweit von Gifu wieder an einem Flussufer nächtigte. Das Wetter war ganz gut, wenn auch ziemlich windig und ziemlich warm und ziemlich feucht. Dann ging es in die Alpen, der nächste Tag schlug mit über 2000 Höhenmetern (auf 120km) zu Buche, dazu gab es leichten Nieselregen. Am nächsten Tag wurde es nicht besser und leider sah ich von der Passhöhe auf 1800m nichts außer Wolken, und ich war froh, nicht noch einen tausend Meter höheren Pass angesteuert zu haben. Hinab ging es dann durch viele Tunnel bis Matsumoto, ein mir bereits bekanntes sehr angenehmes Städtchen mit einem ziemlich alten, hölzernen Wasserschloss.

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Von hier fuhr ich mit einigem Auf und Ab über Nagano Richtung Norden und erreichte nördlich von Niigata das Japanische Meer. Langsam wurde ich besser im Navigieren. Sehr oft gibt es nämlich mehr oder weniger parallel zu großen, vielbefahrenen Straßen kleine oder sehr kleine Straßen, die sich zwar in der Regel nicht so schnell fahren lassen, aber dafür viel entspannter. Schnell fahren, wie dann an der Küste entlang bis hinter Akita, wo die Straßen oft breit und glatt waren und viel geradeaus gingen, muss aber auch mal sein, und so fuhr ich bis in die Dunkelheit hinein mal knappe 250km und nächtigte in einer ziemlich guten Bushaltestelle. (Diese diente auch als Umschlagplatz für Druckerzeugnisse; nachts wurde ich von einer älteren Dame mit einem Packen Zeitungen in der Hand geweckt, ich nahm diese entgegen und lagerte sie auf dem vorhandenen Sitzkissen, und früh morgens wurden diese von einem älteren Herren abgeholt.)

Nicht zuletzt war auch die Wetterprognose nicht so rosig, und da ich am Folgetag über einen weiteren Gebirgszug nach Aomori wollte, galt es Strecke zu „machen“. Ich folgte dann einer kleinen Passstraße, die ziemlich weit oben mal wieder gesperrt war. Umkehren war keine Option und ich folgte ihr weiter, bis ich irgendwann schieben musste: massive Erdrutsche hatten die Straße ins Tal, oder massive Felsbrocken auf diese befördert. In Aomori nahm ich mir mal ein Zimmer und setzte am nächsten Morgen mit der Fähre nach Hakodate über. Hokkaido zeigte sich stürmisch und regnerisch,  bald fuhr ich an der Ostküste entlang nach Norden. Am nächsten Tag ging es nach ein paar Höhenmetern zum Shikotsu-See, wo ich mal einen offiziellen Zeltplatz am Ufer ansteuerte. Ursprünglich hatte ich vor, noch länger auf Hokkaido zu fahren, aber angesichts mieser Wetteraussichten für die kommenden drei Tage, fuhr ich noch über Umwege nach Sapporo, trank ein Sapporo, aktivierte meinen Zugpass für den nächsten Tag und reservierte auch ein paar Shinkansen-Sitzplätze. Den Nachmittag und Abend verbrachte ich mit dem Spazieren durch die Stadt, etwas, was ich ja bis dahin nicht getan hatte.

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Inselhopping im Süden

Am nächsten Vormittag verpackte ich mein Fahrrad am Bahnhof und bestieg den Bummelzug, der dann ziemlich voll wurde, nach Hakodate. Von da brachte mich ein Shinkansen bis Tokio, ein weiterer bis Osaka, wo ich den Anschlusszug in 8 Minuten Umsteigezeit(!) erreichte. Der Tag endete für mich im mitternächtlichen Hiroshima. Wäre ich früher am Tag gestartet, wäre ich weiter gekommen, aber so war ich etwas verloren. Kurzentschlossen schraubte ich das Rad zusammen und machte eine nächtliche Stadtrundfahrt, schlief dann noch ein paar Stunden auf einer ruhigen Parkbank am Fluss, um dann den ersten Zug nach Kagoshima, ganz im Süden von Kyushu zu nehmen. Die Natur hier zeigte sich tropisch und es war deutlich wärmer als auf Hokkaido. Ich fuhr entlang der Westküste und schlief am Strand. Am nächsten Tag wurde das Radfahren durch zwei Fährfahrten unterbrochen und abends befand ich mich ganz im Westen, auf Kakinoura. Von hier aus wollte ich mit einer weiteren Fähre nach Nakadori übersetzen, aber nach langem Warten im Hafen wurde irgendwann klar, dass wegen eines nahen Taifun diese Fähre ausfallen würde, und da es unsicher war, ob es am nächsten Tag besser werden würde, disponierte ich um. Ich wollte zurück auf die Hauptinsel. Ein Hafenmitarbeiter brachte mich wegen des Dauerregens in seinem Minikastenwagen, wo wider Erwarten mein Rad reinpasste, zum anderen Hafen, wo ich eine Fähre nach Sasebo nahm. Hier fand ich kurzfristig einen sehr netten Gastgeber via ‚warmshowers‘, was nach einem so vermasselten Tag sehr angenehm war.

Am nächsten Tag ging es nach Hirado, wo ich eine große Rundfahrt machte und final nach Iikitsuki, wo ich strandnah einen Platz zum nächtigen fand. Zwischenzeitlich hatte ich die Idee, nach Busan/Südkorea überzusetzten ad acta gelegt, weil die eine Fähre ziemlich teuer war und die andere immer ausgebucht für die in Frage kommenden Tage. Also war der Plan Shikoku zu bereisen, wo ich aber auch erstmal hinkommen musste. Dafür fuhr ich am nächsten Tag ziemlich geradeaus nach Osten und befand mich am Abend in den Bergen südlich von Hita, um am nächsten Tag nach Südosten nochmal eine Bergetappe zu fahren, die mit knapp 3000hm auf 170km ziemlich gut war. Den letzten Tag auf Kyushu fuhr ich am nächsten Tag küstennah(trotzdem über 2000hm) nach Saganoseki, wo ich auf den Stufen eines Stadions, bewacht von der Stadionkatze nächtigte, um am nächsten Morgen die Fähre nach Misaki (auf Shikoku) zu nehmen. Angesichts eines weiteren nahen, tropischen Wirbelsturms fuhr ich aber nicht nach Süden, sondern machte ein taktisches Ausweichmanöver nach Norden, immer am Meer entlang, um bald auf den wohl bekannten, mir aber bis dahin unbekannten Radweg namens Shimanami Kaido zu treffen, der über einige Inseln und viele Brücken nach Honshu führt. Ich zeltete auf einer dieser kleinen Inseln und drehte dann am Folgetag noch auf Honshu eine kleine, bergige Runde, fuhr am nächsten Tag wiederum Fähre zurück nach Shikoku, mit einem Zwischenstop auf Nagoshima.

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Meine Tage ähnelten sich sehr, ich stand auf wenn es hell wurde und fuhr einfach bis zum Einbruch der Dunkelheit oder auch mehrfach in sie hinein. Stopps machte ich bei Convenience Stores, an Plätzen mit guten Aussichten, an Kreuzungen zur Reorientierung. Größere Ortschaften umfuhr ich meist, kleinere durchkreuzte ich und generell ignorierte ich allerlei Sehenswürdigkeiten, ich passierte einfach sich abwechselnde Landschaften – Küsten, Berge, Täler, Wälder, Felder. Leider waren die Tage nicht mehr allzu lang; ansonsten wäre ich auch, da gut in Fahrt, öfter noch länger gefahren, aber so waren es nur ein paar Mal über 200 Kilometer am Tag, ohne mich sonderlich anzustrengen oder besonders schnell zu fahren.

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Zurück nach Osaka

Auf Shikoku wiederum fuhr ich im Inselinneren ordentlich Höhenmeter(über 3200 auf 150km) um westlich von Kochi wieder auf das Meer zu treffen, nach zwei Tagen erreichte ich dann Tokushima, nächtigte in einem Park, um am nächsten frühen Morgen nach Wakayama(Honshu) überzusetzen. Lange folgte ich dem Fluss, um dann rechts ins Gebirge abzubiegen und bei Shingu wiederum die Küste zu erreichen. Zwei weitere Tage auf der Straße und ich befand mich nach dieser Abschlussrunde wieder in Wakayama, wo ich nördlich der Stadt nahe am Meer in einem Unterstand des örtlichen Sportplatzes nächtigte. Am frühen Morgen wurde ich von sich dort zum Frühsport, mit sehr lauter Musik verabredeten, freundlichen Pensionisten geweckt. Auf den wenigen verbleibenden Kilometern zurück zum Kofferparkplatz sprang ich noch mal ins Meer und putze das Rad. Dann wurde es in den Koffer verfrachtet und ein Hotel in unmittelbarer Flughafennähe aufgesucht, das Flugzeug am nächsten Morgen nach Hongkong bestiegen, dort ein paar Stunden herumgelaufen, eine Fährfahrt bei Sonnenuntergang durch den Victoria Harbour gemacht, nachts nach Frankfurt geflogen, morgens der ICE nach Berlin genommen und in Berlin sich direkt zum Arbeitsplatz begeben. Kostbare Freizeit will optimal genutzt sein.

 

 

Neuseeland – Mit Packraft, zu Fuß, per Anhalter. Plus zwei Heimwegstops.

von , 16. Dezember 2023

Neuseeland – am ziemlich genau anderen Ende der Welt – ist bekannt für seine äußerst vielfältigen Landschaften und der zahlreichen möglichen Outdooraktivitäten. Vor über einem Jahrzehnt hetzte ich, zumeist per Daumen, in etwas über zwei Wochen über Nord- und Südinsel, trekkte am Mt.Cook (permanent wolkenverhangen und Schneesturm bei der ‚Mueller Hut‘), beging den Kepler-Trek, traversierte den Tongariro-Nationalpark und schaute mir noch die eine oder andere Ecke an. Diesmal hatte ich über 4 Wochen Zeit, und da ich mein Rucksackboot dabei hatte, war der Plan auf der Südinsel ein paar Überquerungen der Alpen zu versuchen. Dieser Plan ging nicht ganz auf.

Start

Der Weg nach Neuseeland ist weit, aber meist in unter 30h in der Luft zu realisieren. Mein Flug führte von Frankfurt nach Seoul – ein Traum; die Auslastung von 30% und der Sonnenaufgang über den schneebedeckten Gipfeln des Tien Shan – und dann weiter nach Auckland, wo ich vormittags ankam. Ich suchte das Quartier auf und musste mich dazu zwingen statt zu schlafen, das Tageslicht zu nutzen und herumzulaufen. Am nächsten Tag merkte ich dann noch etwas Jetlag, aber da ich die dann folgende Nachtbusfahrt nach Wellington fast durchschlief, erreichte ich frisch und munter das Ziel am nächsten Morgen, erstand ein Ticket für die Fähre, schaute mir wegen einer Verspätung das Hauptstädtchen noch etwas an, schaukelte über die Cook-Straße um am anderen Ufer in Picton direkt mit einer kleinen Wanderung zu beginnen. Ich nächtigte am Queen-Charlotte-Sound, ging am nächsten Tag noch weiter und trampte dann bis Hokitika an der Westküste.

Und dies lief wie am Schnürchen, und so sollte es in den folgenden Wochen zur Regel werden: eine junge deutsche Touristin mit Wohnmobil, 2-3 Kiwis die mich kurze Strecken, immer zur nächsten, besseren Trampstelle mitnahmen, dann ein mittelaltes Ehepaar, vor Jahrzehnten von den britischen Inseln emigriert, ein Chilene, via Work-and-Travel-Visa vor Jahren ins Land gekommen, mit mittlerweile Absichten, zu bleiben, klassenbewusste Minenarbeiter mit derbem Humor, Fischer, Farmer, Bauarbeiter. Kurzum, interessante Reisebekanntschaften. Bezeichnend für meine Geschwindigkeit war, dass es mir gelang, einen Konvoi von alten Bedford-Schaustellertrucks mit röhrenden Dieselmotoren immer wieder einzuholen. Ich blieb eine Nacht in Hokitika und trampte dann am nächsten Morgen zu meinem ersten Trailhead am Whataroa River.

Backcountry

Das Wetter war gemischt, zuerst kam ich auf gut markierten Wegen ganz gut im rutschigen Regenwald voran, musste einige Flüsse durchwaten und erreichte nachmittags am Perth River eine Hütte, wo ich auch nächtigte. Am nächsten Tag wurde es wegen schwieriger Wegfindung im Unterholz komplizierter, aber es war warm und sonnig und ich erreichte bald eine weitere Hütte wo ich wiederum blieb. Dann wurde das Wetter wechselhaft und ich mühte mich über Blockfelder und durch wegloses Unterholz bis ans Ende des Tales des Bettison Stream hinauf, von wo aus ich den Dennistoun Pass queren wollte. Dies scheiterte am nächsten Tag an Null Sicht; ich wusste nicht 100%ig, ob ich wirklich in Passnähe war (mein GPS-Gerät war ausgestiegen und die Karten waren nicht so detailliert), also nächtigte ich auf dem Grat und hoffte auf Wetterbesserung, die aber auch am Folgetag ausblieb. Von riskanten Versuchen in Fels und Eis sah ich ab, da ich keine 20 mehr bin und auch nur begrenzt Werkzeug dafür mitführte.

Also kehrte ich um, nachdem ich eine weitere Geröllrinne auf der Suche nach dem Pass hochgekraxelt war, was wiederum bedeutete, mich durch wegloses Gelände und die erwähnten, nun regennassen Blockfelder zu mühen. Gerade rechtzeitig mit einbrechender Dunkelheit befand ich mich zu Glück wieder auf dem Pfad der mich zur Hütte führte. Ich brauchte wiederum 2 Tage zurück zur Straße, wobei die letzte Nacht und der Folgemorgen sehr unangenehm waren: massiver Dauerregen, Sturm, und die Durchquerung des letzten Sturzbaches war mehr als waghalsig. In Whataroa nahm ich mir ein Zimmer, und trampte am nächsten Tag im anhaltenden Regen in einem Ritt bis Wanaka, wo es fast 30 Grad warm war und die Sonne schien.

Ich überlegte kurz was ich nun tun könnte und trampte noch ein Stück weiter Richtung Mt.Aspiring- Nationalpark, ging noch 1-2 Stunden ein idyllisches Tal hinauf und schlug mein Lager auf. Am nächsten Nachmittag erreichte ich die Ruth Flats und zeltete unweit eines Baches. Nachts setzten Sturm und Regen ein. Ich war genötigt nicht nur alle Zusatzabspannungen zu nutzen, sondern auch alle Verankerungen mit Steinen zu beschweren, was aber nur begrenzt half. Auch nach Tagesanbruch besserte sich nichts an der Situation, ich blieb also im Zelt statt weiter Richtung Pass zu laufen. Da der Bach neben mir stetig anschwoll zog ich irgendwann auf höheren Grund um.

SAR-Beifang

Irgendwann nachmittags hörte ich einen Hubschrauber das Tal hinauffliegen, nach vielleicht einer halben Stunde wieder umkehrend, sich nähernd und 50 Meter von mir entfernt landend. Ich kroch aus dem Zelt und mir entgegen kam ein SAR-Typ, fragte was ich vorhatte, erklärte, dass das Wetter so schnell nicht besser werden würde, sie soeben jemanden gerettet hätten und ob ich mitwollen würde. Ich musste nicht lange überlegen, der Heli wurde zum Parken etwas weiter weggeschickt und mir wurde beim Zusammenwerfen meines Krempels geholfen. Der Heli wurde zurückbeordert, ich nebst Gepäck verfrachtet und wir waren in der Luft. Beeindruckende Wassermassen stürzten unter mir ins Tal, das Fluggerät schwankte in den Böen und Fallwinden, und nach weniger als 30 Minuten setzten wir zur Landung bei strahlendem Sonnenschein in Wanaka an. Die SAR-Basis war unglaublich gut ausgerüstet, und im Gespräch mit einem der Retter erfuhr ich, dass in Wanaka über 50 Freiwillige für multiple Rettungsarten (Alpin, Wildwasser etc.) zur Verfügung stehen würden, und dass sie in der Regel nach Eintreffen des Notrufsignals keine 30 Minuten brauchen würden, um in der Luft zu sein, und dies mit requirierten Helis, was mehr als beeindruckend ist. Zudem erklärte er, dass das seit eh und je unvorhersehbare Wetter in dieser Gegend seit ein paar Jahren noch unvorhersehbarer geworden sei und Prognosen für mehr als 24 Stunden kaum möglich wären. (Jene Person, die den Notruf abgesetzt hatte (Anfang 20, sehr teuer und ultraleicht ausgerüstet) gab an, Zelt und Schlafsack verloren zu haben. Wie dies passiert ist entzieht sich meiner Kenntnis wie mir auch rätselhaft ist, warum er darob einen Notruf abgesetzt hatte, da die nächste Straße 7-8 Gehstunden entfernt war und davon maximal die erste Hälfte in anspruchsvollem, aber markiertem Gelände; das Wetter war zwar sehr hässlich, aber die Temperatur um die 20 Grad nicht lebensbedrohlich.)

Zick-zack

Ich trocknete etwas meinen Krempel und begab mich dann auf den örtlichen Zeltplatz. Angesichts des Wetters war es wenig ratsam, ein weiteres Mal gegen die Alpen anzurennen, also beschloss ich den Clutha hinunterzufahren, um das mitgeschleppte Boot auch mal zu nutzen. Die Fließgeschwindigkeit war hoch und es dauerte nicht lange bis ich am Lake Dunstan ankam, ich rollte das Boot zusammen und trampte bis Alexandra mit einer Studentin aus Dunedin, die auf Heimatbesuch war. Von dort fuhr ich am nächsten Morgen weiter den Fluss in einem Canyon hinab, und stieg wiederum kurz vor einer Stauung aus, trampte ein Stück und setzte dann wieder ein. Aber nicht lange, da der Fluss nicht nur Hochwasser führte, sondern auch komplett unberechenbar war; mit zahlreichen Strudeln, Felsblöcken, Unterströmungen und ähnlichem, wovor man mich auch gewarnt hatte. Also stieg ich aus und wanderte auf einem Weg entlang des Flusses und schlug mein Zelt am Ufer auf.

Bald erreichte ich am nächsten Tag die Straße und beschloss, mal eine Stadt zu besuchen, Dunedin. Nun, ganz angenehm, wenn auch eher unspektakulär. Die Wetterprognose sah nun wiederum ganz gut aus, so dass ich einen weiteren Sturm auf die Gebirgskette wagen wollte, und zwar unweit vom Mt.- Cook-NP. Die gut 400 km bis dahin lagen wie üblich in unglaublichem Tempo hinter mir und ich trottete am späten Nachmittag die Schotterpiste entlang des Lake Ohau hinauf. Ich zeltete bald an einem Bach, wo ich die schlimmste Sandfly-Heimsuchung bis dato erlebte, und so versuchte ich am nächsten Morgen vor Tagesanbruch unterwegs zu sein, um nicht allzu stark belästigt zu werden, was auch beinahe geklappt hat.

Relativ zügig kam ich dann voran, die Sonne schien, und auf verhältnismäßig ausgetretenen Pfaden erreichte ich am Abend eine Hütte am Talende, wo ich auf zwei US-Amerikaner traf, die bereits das zehnte Mal in Neuseeland waren und so Spezialisten auf dem Feld der Backcountry-Hütten. Am nächsten Tag suchte ich nach einer Möglichkeit über die Gebirgskette zu kommen, und scheiterte wieder grandios an weglosem Geröll und Unterholz, kehrte also ein weiteres Mal um und ging dann noch bis zu einer Stelle zurück, wo ich am nächsten Tag das Boot in den Hopkins River einsetzen konnte. Dies klappte dann auch super, teilweise war die Abfahrt, dann auf dem Dobson River, ganz sportlich, teilweise aber auch anstrengend, da der Wasserlauf immer wieder zerfaserte und ich das Boot in Niedrigwasser ziehen musste. Kurz vor dem Lake Ohau stieg ich wiederum aus und begab mich auf die Schotterpiste wo ich auch schon bald einen Lift auf einer Pick-Up-Ladefläche bekam. Mein Ziel war nun der nicht allzu ferne Mt.-Cook-NP wo ich gen Abend am Tasman River entlang nach Norden lief. Die umliegenden Gipfel erstrahlten im Abendlicht und der nahe Tasman-Gletscher rumorte.

Am nächsten Morgen kehrte ich allerdings kurzentschlossen um, da ich angesichts vielversprechender Wetterprognosen, statt einer kleinen Runde hier, es noch einmal wagen wollte Nähe Mt.Aspiring eine mehrtägige Tour zu machen. Also befand ich mich wieder auf der Straße nach Wanaka und am nächsten Tag unweit des Mt.Aspiring. Die letzten Kilometer nahmen mich Alpinisten aus Lettland mit, die den Mt. Aspiring besteigen wollten, wir tauschten uns über diverse Hochgebirge der Welt aus, und als ich sie auf ihre wenig zeitgemäßen sehr hoch beladenen Rucksäcke ansprach, erklärten sie augenzwinkernd, dass sie sowjetische Alpinisten und für wirklich alles gerüstet wären.

Die bald hochalpin werdende Landschaft zeigte sich bei bestem Sonnenschein und ich zeltete unweit des Cascade Saddle, die Nachtruhe wurde allerdings immer wieder von Keas gestört, die es auf die Zeltheringe abgesehen hatten. Am nächsten Tag ging es hinab und dann einen weiteren Pass hinauf, hinter dem ich mein Lager aufschlug. Bald folgte ich dem Rees River und versuchte mein Glück auf dem Wasser. Dies war aber ziemlich schnell zum Scheitern verurteilt, da er einfach zu wenig Wasser führte.

Finale

Das Datum meiner Abreise nahte unaufhaltsam und so machte ich keine allzu großen Sprünge mehr, sondern begab mich, nach einem weiteren untauglichen Paddelversuch (Niedrigwasser) unweit von Arthur’s Pass auf einen Zeltplatz am Meer auf der Banks-Halbinsel südlich von Christchurch, wo ich 1,5 Tage lang einfach mal fast nichts tat, außer spazieren, baden und lesen. Das nach wie vor vom letzten Erdbeben gezeichnete Christchurch sah ich dann an einem sehr verregneten Tag und verließ Neuseeland am nächsten Morgen.

Heimweg mit Stopps

Wenig später landete ich in Sydney. Dummerweise zogen meine Freunde dort just an diesem Wochenende um, also half ich dabei. Es ergaben sich aber auch entspannte gemeinsame Stunden, wie auch Zeit zum Schlendern durch die Stadt.

Mein nächster Flug brachte mich dann nach Bali, per se nicht eine unter den Top-Ten meiner Destinationen, aber ein Freund weilte zu dieser Zeit dort, wie auch eine Bekannte dort seit längerem lebt. Da es auf dem Weg lag, machte ich einen 7-tägigen Stopp. Es war noch Regenzeit, und die imposanten Vulkankegel, die ich ansonsten versucht hätte zu besteigen, waren meist in Wolken gehüllt. Ich verbrachte ein paar Tage an der Ostküste mit den erwähnten Freunden oder ging spazieren, saß auf dem Balkon, starrte aufs Meer oder las. Um noch etwas anderes zu sehen fuhr ich dann nach Ubud, wo mich touristischer Overkill übermannte. Ich mietete mir aber ein Rennrad für 2 Tage, um in den bergigen Norden zu fahren, wie auch die nähere Umgebung zu erkunden. Meist fuhr es sich ziemlich gut, zumindest wenn man auf kleineren Straßen blieb und die Mittagshitze mied, durch bilderbuchartige Terrassenreisfelder und Regenwälder. Die Woche war dann ziemlich schnell vergangen und ich musste die Heimreise antreten.

Kurzum, auch wenn die Touren in Neuseeland wegen objektiver und subjektiver Behinderungen nicht so wie angedacht zu realisieren waren, gelang es mir trotzdem eine sehr gute Zeit zu haben indem ich täglich die Pläne anpasste. Dabei legte ich unglaublich viele Kilometer, mutmaßlich ein paar Tausend, trampend zurück, wobei ich nicht zuletzt wegen der nicht vorhandenen Sprachbarriere Einblicke gewann, die mir sonst und anderswo verwehrt geblieben wären.

 

Shortcuts:

Transport: Flüge ans andere Ende der Welt sind nicht gerade günstig und das frühe Buchen, wie auch das Durchspielen verschiedener Optionen (bestimmte Strecken separat buchen bspw.) kann sich lohnen. Im Land gibt es ein Fernbus-Netz, was aber gerade auf der Südinsel seine Grenzen hat, angesichts geringer Bevölkerungsdichte und mehrheitlich Campervan-fahrenden Touristen. Die Fortbewegung per Anhalter funktionierte unglaublich gut und in der Regel saß ich in einem Auto, bevor die erste Zigarette aufgeraucht war, und das bei den exorbitant hohen Preisen für Tabakwaren im Land. Einen Spitzenplatz in puncto Mitnahmefreundlichkeit haben US-Amerikaner, gefolgt von Einheimischen, es gab aber auch Chilenen, Franzosen, Argentinier, Briten, Österreicher, Chinesen, Deutsche und Koreaner.

Karten: Es gibt ziemlich gute topografische Karten online bzw. auch zum Ausdrucken unter topomap.co.nz in den Maßstäben 1: 250 000 und 1:50 000.

Generell: Wer sich jenseits der Rudeltrekkingpfade ins Hinterland der Westküste wagt, sollte sich in weglosem Gelände zurechtfinden können. Es gibt ein Netz an Backcountry-Hütten, für deren Nutzung der Erwerb eines Backcountry-Hut-Passes notwendig ist. Das Unterholz (Bush) wie auch das unberechenbare Wetter sind Faktoren, die dem an Mitteleuropa oder Skandinavien gewöhnten Reisenden schnell die Tour vermasseln können, vergleichbare Bedingungen gibt es meines Erachtens nur in Patagonien. Ratsam ist in jedem Fall das Anmieten eines Personal Locator Beacons(PLB’s), eines mit GPS versehenen Notrufsenders. Die Kiwis rennen alle damit rum, er kostet für 4 Wochen um die 100 Euro und kann im Ernstfall angesichts exquisiter SAR-Infrastruktur lebensrettend sein.

Meine Großglockner Expedition im Juli

von , 13. November 2023

Nach unserer Familientour auf den Großvenediger ging es für Papi und mich am nächsten Tag weiter. Wir fuhren mit dem Auto nach Kals und kurz vor Mittag starteten wir auf dem Parkplatz am Gasthof Lucknerhaus, von wo sich uns schon eine geniale Aussicht auf den Großglockner bot. Da wollen wir hoch!?

Dann schnappten wir uns unsere Rucksäcke mit Eispickel und Seil und machten uns auf den Weg. Am Anfang ging es über einen Schotterweg mit vielen Touristen, die uns alle bestaunten. Dabei sind wir an einer Schranke vorbeigekommen, wo draufstand „Achtung Schranke“. Das war sehr komisch. Der Weg ging sehr steil und kurvig bis zu einer Hütte. Ab da ging dann ein schmaler, steiniger Trampelpfad weiter. Ein wenig später im Geröll angekommen, haben wir eine erste kleine Pause gemach, um etwas zu Essen und zu Trinken – den Gletscher und auch die Adlersruhe-Hütte konnte man schon sehen. Danach ging es weiter und uns kam ein älterer Mann mit einem Hund entgegen und wir haben uns gefragt, ob der Hund auf dem Klettersteig war. Am Ende des Geröllfeldes ging der Gletscher los, dort haben wir uns unsere Steigeisen angezogen und haben uns gegenseitig ans Seil genommen. Es ging eine ganze Weile über den Gletscher an einer sehr großen Spalte vorbei zum Anfang des Klettersteigs (Oberer Mürztaler Steig). Am Anfang des Klettersteigs hat mein Vater das Seil und die Steigeisen eingepackt und die Klettersteigsets herausgeholt, ich hatte wahrscheinlich Gold gefunden und meinen Vater hat es nicht interessiert. Dann ging der Klettersteig los. Es ging immer höher hinauf und war teilweise sehr ausgesetzt – und der Steig war viel länger, als ich gedacht hatte. Nach einer Weile kamen wir dann an die sogenannte Hühnerleiter. Das waren in den Stein befestigte Balken, auf denen man weiter nach oben in Richtung Hütte (Adlersruhe) geklettert ist.

Als wir endlich gegen 17:00 Uhr an der Hütte angekommen waren, bezogen wir erst einmal unser Zimmer. Zum Abendbrot gab es leckere Nudelsuppe und ich stellte fest, dass kein anderes Kind hier oben war. Am nächsten Morgen sind wir sehr früh aufgestanden, um den wunderschönen Sonnenaufgang zu sehen. Interessanterweise gab es auf der Adlersruhe kein Bad und wir mussten draußen Zähneputzen. Nach dem Frühstück haben wir uns fertig gemacht, d.h. dicke Sachen und den Klettergurt angezogen. Am Anfang ging es über ein steiles Schneefeld, wo ein Zickzackweg zum Einstieg des Glockners führte. Ab dort ging es dann mit Seil weiter und man musste das Seil immer um Stangen doppelt drumherum legen (als Sicherung). Es ging gleich mit steiler Kletterei über und zwischen Felsen hindurch bis hinauf zum Grat. Zunächst kletterten wir auf den Kleinglockner und es war sehr spannend und luftig, denn es ging an beiden Seiten ca. 1000m hinunter. Dann kam der spannendste Teil – die sogenannte Glocknerscharte: Ein sehr schmaler Weg aus Eis und Schnee, wo nur zwei Füße nebeneinander passten (ungefähr 3 Meter lang). Danach ging es eine steile Wand nach oben, das schwierigste Stück kurz vor dem Gipfel. Am Ende dieses Kletterstückes hat mir ein polnischer Bergsteiger einen Karabiner geschenkt, denn er staunte, dass ich mit 11 Jahren schon hier oben bin.

Am Gipfel des Glockner auf (3.798m) angekommen, habe ich meinen Kuschel-Bären Bruno herausgeholt, ich glaube, das ist der höchste Kuschelbär der Welt, den es gibt. Das Gipfelkreuz auf dem Großglockner war riesig und mit Ketten im Felsen befestigt. Wir hatten eine super Aussicht und der Himmel war fast wolkenfrei. Nach einer kurzen Rast und einigen Fotos sind wir abgestiegen und mir hat ein Bergführer über einen Felsblock geholfen. Nach dem Abklettern des Grates mussten wir den Zickzackweg im Schnee und Eis wieder runter, doch der Weg übers Eis war von der Sonne erhitzt und geschmolzen und dadurch war dies kein Weg mehr, sondern ein regelrechter kleiner Fluss.

Unten bei der Hütte angekommen hatte mir die Wirtin einen Anstecker, ein T-Shirt, eine Schokolade und ein Getränk geschenkt. Wir haben an der Hütte noch Mittaggegessen (wieder leckere Nudelsuppe) und sind dann zur Stüdelhütte abgestiegen. Zunächst ein Stück über den Klettersteig zurück und dann quer über den großen Gletscher. An der Stüdelhütte auf ungefähr 2.800m angekommen, gab es erstmal einen wirklich großen Kaiserschmarrn, dann haben wir unser Zimmer bezogen. Wir waren ganz alleine in einem riesigen Zimmer. In der Hütte gab es endlich wieder eine Dusche und ein Bad zum Zähneputzen, außerdem gab es eine innen eingebaute Kletterwand. Das Essen auf der Hütte war super-lecker und es gab zum Abendbrot als auch zum Frühstück ein sehr großes Büfett.

Am nächsten Morgen haben wir uns früh zeitig auf den Weg nach unten gemacht, unterwegs haben wir einige Murmeltiere gesehen. Zunächst sind bis zur Lucknerhütte abgestiegen und haben eine kleine Pause eingelegt. Danach sind wir bis zum Parkplatz abgestiegen und meine Mama und meine Schwester haben schon auf uns gewartet.

Es war eine sehr schöne und empfehlenswerte Tour. Vielen Dank Papi!

Fünf abwechslungsreiche Tage in der Finnmarksvidda

von , 20. Oktober 2023

Nachdem ich nun schon einige Monate in Tromsö gelebt hatte, wollte ich meine Sommerferien gerne dazu verwenden, die noch weiter nord-östlich liegenden Teile Norwegens zu erkunden. Da seit meiner letzten längeren Rucksack-Tour auch schon einige Zeit vergangen war, bot sich eine Wanderung über die Finnmarksvidda an.

Zuerst war mein Plan, 18-20 Tage lang von Alta via Karasjok nach Kautokeino zu gehen. Allerdings waren meine Schienbeinsehnen bereits in Karasjok am Limit. Ein beginnende Überlastungsentzündung, die mir schon früher einmal Probleme bereitet hatte… Deshalb blieb es bei den fünf Tagen Rucksackwandern. In den restlichen verbleibenden zwei Wochen bin ich in mehreren Bus-Etappen an der Küste entlanggereist.

Der folgende Bericht setzt sich aus meinem Reisetagebuch und einigen nun verfassten Abschnitten zusammen. Die Tage auf der Vidda sind dabei ausführlicher beschrieben, wohingegen die Highlights der restlichen Finnmarksküsten-Tour nur als Bilder ihren Platz gefunden haben.

Kaum war der Plan gefasst, begannen auch schon die Vorbereitungen. Hatte ich alles, was man für eine Langstreckenwanderung braucht? Wie sich schnell herausstellte ja (fast). Das 2-Personen-Tunnelzelt von Rejka war noch relativ neu und perfekt in Schuss, der Primus-Kocher erst kürzlich erworben und bezüglich Anziehsachen war mein Kleiderschrank schon im Vorhinein fast ausschliesslich mit Wollbekleidung (von beispielsweise Devold oder Icebreaker) in diversen Dicken gefüllt. Es fehlten nur noch ein dicker Schlafsack, der Proviant und Ausrüstung um sich gegen aggressive Mücken und Bremsen wappnen zu können.

es_kann_losgehen

Die Schlafsack-Wahl fiel zum Schluss auf einen Second-Hand erworbenen Kunstfasersack mit einer Komforttemperatur von 5 Grad. Dieser hat mir gute Dienste geleistet und war, obwohl No-Name, immer schön wärmend. Allerdings hat er ziemlich viel Platz im Rucksack gebraucht. Wenn man also länger Reisen möchte, lohnt sich ein oft leichterer und kleinerer Daunenschlafsack. Oder aber auch ein platzsparend konzipierter Kunstfasersack. Die Auswahl auf dem Schlafsackmarkt ist enorm, bei Unsicherheiten welcher der Richtige ist, lohnt es sich daher, sich beim Outdoorausrüster des Vertrauens beraten zu lassen.

Was das Essen angeht entschied ich mich, aufgiessbare Fertigtüten mitzunehmen. Diese sind nicht gerade billig, vereinfachen das abendliche Kochen aber deutlich. Man muss nicht überlegen, welche Gewürze oder Zutaten man bräuchte, und auch für die angemessene Menge der verschiedenen Nährwerte (Kohlenhydrate, Proteine…) ist gesorgt. Zudem schmecken die Gerichte mittlerweile auch richtig gut! Für diejenigen, die etwas experimentell sein möchten, lohnt sich ein Durchforsten des Internets, da es unzählige Anbieter mit leckeren, mitunter exotischen Mahlzeiten gibt. Bei mir gab es keinen Abend das Gleiche.

Allerdings sind aber auch die bekannteren Marken keinesfalls zu verschmähen. Trek N Eat hat beispielsweise eine Menge schmackhafter Varianten, die ihren Preis auf jeden Fall Wert sind. Aus eigener Erfahrung ist Nachwürzen hier nicht notwendig und das Sättigungsgefühl setzt nach dem Verspeisen auch ein.

Vor den Stechtieren wurde ich vor Abreise mehrfach gewarnt. Man bräuchte definitiv ein Netz für den Kopf, Liter mit Mückenspray und Tonnen mit linderndem Stich-Kühlungsgel… Nun ja, möglicherweise in feuchten Jahren. Diesen Sommer waren die piksenden Reisegenossen jedenfalls nur ziemlich spärlich vertreten. Das Netz blieb daher unbenutzt im Rucksack. Mit Mückenspray von Centaura habe ich mich hin und wieder mal eingesprüht, die 400 ml-Flasche war aber nach vollendeter Reise nicht mal annähernd geleert. Und die kleine Probepackung Kühlcreme hat auch locker gereicht.

nadelwald_am_fluss

Doch nun zur Reise:

Tag 1: Transfarelv (bei Alta) – Langvannet/Ávžánjávri (20 km)

Nach einer entspannten, wenn auch kurzen, Nacht in einem AirBnB in Alta, klingelte der Wecker um 6. Noch in der Zivilisation gab es das morgendliche Porridge mit frischen Früchten. Direkt danach ging es los zum Bus, der mich in 20 Minuten nach Transfarelv brachte. Von dort aus war mein Plan dem Fluss talaufwärts bis zu seinem Ursprungssee zu folgen. Anfangs noch auf einem breiten Wanderweg, verwandelte sich die Route bald in einen Kraxelpfad durch dichtbewachsene Hänge. Aber die Natur war traumhaft und abwechslungsreich: Grasfelder, hohe und niedrige Buchen -und Nadelwälder und nebenbei das Rauschen des Flusses. Diesen sollte ich noch näher kennenlernen… Nach einer Weile wurde der Hang dem ich bis dahin auf Wildspuren gehend gefolgt war, einfach zu undurchdringlich bewachsen und steil. Der Fluss wirkte dahingegen seicht und relativ friedlich. Daher zog ich statt Wanderschuhen die Crocs an (die Wollsocken blieben an), packte die Stöcke aus und begab mich frohen Mutes in das kühle Nass. So weit, so gut. Bei der ersten kleinen Stromschnelle wurde es dann aber plötzlich oberschenkeltief, wodurch ich die Hoffnung um eine trockene Hose aufgeben musste. Bald darauf folgten sogar noch tiefere Flussteile. Darum war ich gezwungen an den, vom Ufer aus über das Wasser ragenden, Schieferfelsen entlang zu klettern. Keine so leichte Aufgabe mit 70 Liter auf dem Rücken, baumelnden Stöcken und glitschigen Crocs. Aber bin trocken und lebendig weitergekommen.

der_weg_durch_den_fluss

Nach einem Kilometer im Fluss, der wohl im Nachhinein nicht so viel Zeit gespart hat, stieg ich wieder an Land. Nach einer halbstündigen Mittagspause mit Tortillas mit Tubenkäse, Tomatenpüree und getrockneten Tomaten ging es weiter bergan, nun glücklicherweise mit leichtem Bewuchs. Etwa gegen vier erreichte ich ein Plateau oberhalb der Baumgrenze und wanderte die letzten Kilometer ohne viele Höhenmeter. Erschöpft schlug ich schlussendlich mein Zelt auf einem Hügel mit Aussicht auf das Langvannet (Langwasser, ein See) auf. Es folgte ein kleiner Gang ans Wasser um die Trinksäcke zum Kochen zu füllen und kurz zu Baden. Den ganzen Tag über war das Wetter nämlich strahlend gewesen.

Danach gab es Abendessen: zur Feier des erfolgreichen Tages ein drei-Gänge-Menü mit Gemüsesuppe, Nudeln mit Lachssosse und Trockenfrüchteriegel zum Nachtisch. Lecker!

Daraufhin fielen mir die Augen zu, und da es ohnehin nicht Dunkel werden würde, begab ich mich früh in die Horizontale. Morgen würde der Wecker ja auch wieder früh schellen.

 

Tag 2: Langvannet – Gaskajohka (25 km)

Nach einer etwas unruhigen Nacht (erstmal wieder ans Rascheln des Zeltes gewöhnen + Heringe nachspannen) weckte mich der Handywecker kurz nach sechs. Es folgte die Morgenroutine mit Kaffee und Trockenfrucht-Porridge und dem Füllen des Tagestrinksacks. Danach musste das Zelt abgebaut werden, was wegen des über Nacht aufgekommenen stärkeren Windes etwas herausfordernd war. Abgesehen von einem kurzen Sprint der Unterlagsplane hinterher, ging es jedoch gut. Der Plan für den Tag war ein wenig querfeldein zu gehen um dann einem Traktorpfad zu folgen. Nach der gestrigen Kletterei wollte ich nämlich gerne etwas Strecke machen, wodurch sich das Folgen eines Weges anbot. Karte und Kompass hatte ich trotzdem immer zur Hand. Die Strecke verfolgte ich die ganze Zeit mit indem ich mir die Karte in einer wasserfesten Tasche um den Hals gehängt hatte. Das würde ich auch die nächsten Tage noch so weiterführen. Es lohnt sich wirklich, da das Gelände/die Trampelpfade manchmal echt schwer zu erkennen sind und weil man zusätzlich noch einen lustigen Zeitvertreib erhält.

Der Wanderpfad führte durch leicht hügeliges Gelände mit Aussicht auf feine Seen. Hier traf ich einige Leute, unter anderem 3 Mountainbiker auf einer Tagestour. Zudem mehrere Bewohner kleiner Hütten, die sich auf Quads mit Anhängern zum Instandhalten ihrer Tierhaltungs-Installationen aufmachten. Das Gebiet bietet sich folglich auch für nicht so erfahrene Tourengeher an, da man selten völlig in der Einöde ist. Man hat also die Möglichkeit Hilfe zu finden, falls etwas schief gehen sollte.

Der Tag ging entspannt weiter, mit einer mittaglichen Tortillapause unter einem mit Schäfchenwolken bestücktem blauen Himmel. So blieb das Wetter den ganzen Tag, nur der konstante Wind war etwas nervig.

Langvannet

Fürs nächtliche Zeltlager stieg ich daher wieder etwas vom Plateau des Tages ab, um dem Wind etwas zu entgehen. In einem kleinen Wäldchen nahe einer Ferienhütte fand sich ein geeignetes Plätzchen. Nach dem Anziehen trockener Kleidung ging es erneut zum Wasserholen. Das erwies sich schwieriger als gedacht da es nicht so leicht war, durch das dichte Gestrüpp ans Ufer zu kommen. Mit nur Crocs am Fusse wurden die frischen Socken im sumpfigen Ufer natürlich auch gleich wieder durchnässt. Am Gewässerrand angekommen wirkte dieses zudem viel zu moorig und nicht geniessbar. Daher folgten eine Kehrtwende und die Suche nach klarerem Wasser. Glücklicherweise lag auch ein hübscher See in der Nähe – mit etwas genauerer Geländeerkundung hätte ich mir die nassen Socken also sparen können.

Wie dem auch sei, kurz darauf gab es leckeres Abendessen – Mac and Greens. Danach habe ich die Abendsonne mit Kreuzworträtseln genossen und mir die Mücken mit dem Thermacell vom Leibe gehalten. Und dann, wie am Vortag, frühzeitig den Schlafsack aufgesucht.

wasserholen

Tag 3: Gaskajohka – Borgagurra (24 km)

Heute stand ich wieder um sechs auf und verspeiste mein übliches Porridge. Da es im Gegensatz zu den vorherigen Tagen etwas nieselte, zog ich Regenhose- und Jacke an. Auch der Rucksack bekam seinen neongrünen Regenschutz übergestreift. Dann ging es ein kleines Stück den vortagigen Weg zurück um dann auf einen auf der Karte verzeichneten Wanderweg abzubiegen. Die Kreuzung hatte ich eigentlich auch schon gesehen gehabt, aber nun war sie wie vom Erdboden verschluckt. Darum wanderte ich ungefähr in die Richtung in die der Weg führen sollte und hielt dabei die ganze Zeit nach ihm Ausschau. Ich war allerdings viel zu hoch im Gelände wodurch es zu ein paar Nicht-Spur-Halten-Können-Schlenkern kam. Zu guter Letzt fand ich den Pfad glücklicherweise. Es folgte eine schöne Strecke durch karge Hügellandschaft mit ein paar Birkenwäldchen durchsetzt. Nur ein wenig schade, dass mit regelmässigen Abständen Regenschauer auf mich niederprasselten. Die Mittagspause war daher auch etwas feuchtkalt.

pause_im_regen

Doch aufgeben gilt nicht. Den rot markierten Wanderwegsteinen folgend lief ich wacker weiter, wenn auch die Finger wegen durchnässter Handschuhe langsam etwas kalt wurden. Die Füsse waren mittlerweile auch pitschnass da eine notwendige Flussüberquerung leider nicht mit trockenen Schuhen zu bewerkstelligen war. Grundsätzlich liess sich aber noch alles aushalten. Nur als es dann gegen halb 5 anfing zu Schneien, bzw. Schneeregnen, war auch meine Motivationsschwelle erreicht. Eilig suchte ich mir eine Zeltstelle in der Nähe eines Sees und verkroch mich sobald es stand darin. Mit trockenen Kleidern im Schlafsack kriegte ich auch langsam etwas Wärme zurück. In der Finnmark muss man auf alles gefasst sein – also auch auf Schnee im Juli! Nach einer Weile, die ich mit Rätseln verbrachte, verzog sich das ungemütliche Wetter und es kam doch tatsächlich noch die Sonne raus! Somit konnte ich mein spätes Abendessen – Couscous mit Hühnchen – bei schönstem Wetter geniessen. Fazit: das Wetter hier ist sehr wechselhaft.

primus_kocher

Tag 4: Borgagurra – Stuorra Částenoaivi (25,9 km)

Da ich am Vorabend glücklicherweise kurzzeitig Netz hatte, wusste ich, dass dieser Tag wieder mit Sonnenschein gefüllt sein würde. Deshalb konnte ich die Regenkleidung auch noch ein wenig in der Morgenwärme trocknen lassen.

Danach ging es auf zur Etappe, die wohl am ehesten dem entsprach, was man sich unter Finnmarksvidda vorstellt. Lange, weite prärieartige Geländeformationen mit einzelnen kleinen bis grossen Steinen bestückt. Beim Durchqueren dieser Landschaft geht es immer leicht auf und ab, doch grundsätzlich ist es relativ flach. Zusätzlich dazu war perfektes Wanderwetter (etwa 15 Grad, eine leichte Brise und wenig bewölkt), wodurch die Kilometer nur so dahinflogen.

typische_vidda

Irgendwann tauchte plötzlich wie aus dem Nichts ein Rentier vor mir auf. Es war alleine und sprang etwas verwirrt durch die Gegend. Eine Art Slalomtanz um mich herum machend probierte es mich zu umgehen und sprang schliesslich davon. Während der gesamten Reise (zumindest bis Hammerfest, siehe Bild später) ist es bei diesem einen Rentier geblieben. Hauptsächlich habe ich nämlich nur Vögel gesehen, die mich mit lauten, eindringlichen Piiiiiip-Tönen begleiteten.

Während der Mittagspause habe ich präventiv ein Blasenpflaster auf die Ferse geklebt. Das hat sich gelohnt, die ganze Tour habe ich ohne eine einzige Blase überstanden. Allerdings begann sich an diesem Tag 4 die Schienbeinsehne bemerkbar zu machen. Das Heben und Senken des Fusses, der von vielen Kilos (nie gewogen, aber sicher nicht optimal gewichtsparend) belastet wurde, wurde schmerzhaft.

mahlzeit

Später am Nachmittag kam ich von der Einöde kurz hinunter in ein dicht bewachsenes Flusstal. Hier wurde es sehr schwer dem eigentlich markierten Weg zu folgen. Ich schlug mich also durchs Dickicht und kletterte beschwerlich über den kleinen Fluss, nur um dann beim Überqueren drei Meter neben mir eine schöne kleine Brücke zu sehen… Aber egal. So wurde sie zumindest zu einem feinen Fotomotiv. Nach einiger Zeit stellte ich mein Zelt an einem kleinen See auf und genoss die Abendsonne. Die restliche Zeit verbrachte ich mit Rätseln, Kochen, Brille putzen (ach, es war den Tag über ja eigentlich gar nicht diesig gewesen…) und anderen Tüdeleien. Danach war dann auch heute früh Schicht im Schacht.

trek_n_eat

Tag 5: Stuorra Částenoaivi – Karasjok Parkplatz (24 km)

Der Tag startete mit Nebel, was die Aussicht deutlich einschränkte, aber keine grösseren Einschränkungen fürs Wandern verursachte. Um der Nebelfeuchte vorzubeugen hatte ich erst noch meine Regenkleidung an, musste mich dieser aber bald entledigen. Durch fehlenden Wind war es verhältnismässig warm, und mir lief der Schweiss in Strömen über den Körper.

Da die Strecke erneut entlang eines breiteren Traktorpfades führte, kam ich mit diversen Leuten in Kontakt. Zuerst eine Dreier-Gruppe auf Quads, danach vier Kinder die neben einer kleinen Hütte um eine Fahnenstange herumtanzten und zum Schluss noch ein weiterer Quadfahrer auf dem Heimweg vom Fischen. Letzterer hielt kurz neben mir an um ein wenig zu schnacken. Kurz vor der Weiterfahrt sagte er dann noch, dass seine hinterherjoggende Tochter mich wohl bald einholen würde. Und dann käme irgendwann noch der Hund. Der sei allerdings schon 15 Jahre alt und nicht mehr der Schnellste…Die Tochter kam relativ rasch und fuhr bald darauf auch wieder beim Vater mit. Als jedoch etwa eine halbe Stunde später plötzlich ein flauschiger Vierbeiner an mir vorbeitrottete, waren die beiden schon längst über alle Berge. Ich nehme aber an, dass sie beim Parkplatz unten an der Strasse auf ihn gewartet haben.

bester_weg

Beim selben Parkplatz kam ich nachmittags nach einem längeren Abstieg dann auch endlich an. Die Schmerzen im Bein wurden stärker, weshalb ich nicht noch die letzten 15 km nach Karasjok gehen wollte. Stattdessen stellte ich mich an den Strassenrand und bat mitgenommen zu werden. Ein netter Rentier-Same sammelte mich schliesslich ein und wir haben nett über seine Tiere, die traditionellen Ohr-Besitzmarkierungen an Rentieren und seine Arbeit mit dem Treiben der Tiere geredet. Ich hätte mich aber natürlich nicht nach der Anzahl seiner Rentiere erkunden sollen, da dies als privat angesehen wird, das heisst, als wenn man nach dem Kontostand fragen würde.

Er setzte mich nach 15 Minuten beim Camping in Karasjok ab, wo ich mich gleich für 3 Nächte einquartierte, das Zelt aufbaute und dann erstmal eine wohlverdiente Dusche genoss. Danach begann der Tagestour- und Biketeil der Reise.

zivilisation

Da Wandern mit schwerem Gepäck ab Karasjok nämlich nicht mehr möglich war, musste ich etwas umplanen. Darum entschied ich mich mit dem öffentlichen Verkehr an der östlichen Finnmarksküste entlang zu reisen. Ich suchte mir ein paar interessante Orte aus an denen ich dann jeweils zwei bis drei Tage bleiben wollte, entweder auf dem Camping oder im AirBnB. So konnte ich auch Lakselv, Hammerfest, Alta und Storslett noch ausgiebig erkunden, tolle Tageswanderungen und Fahrradtouren (mit klapprigen Campingrädern, aber auch High-Tech-E-Bikes) machen und viele Museen besichtigen. Als Person, die schwer einen Tag ohne Aktivität aushält, konnte ich so die Natur aktiv geniessen, ohne dass die Schmerzen im Bein allzu gross wurden. Auch die restlichen zwei Wochen entwickelten sich von dem her zu einem empfehlenswerten Erlebnis im hohen Norden. Aus platztechnischen Gründen werde ich diese restliche Zeit jedoch nicht mehr ausführlicher beschreiben.

rentier

Fragen dazu, und generell zu Reisen in Norwegen, dürft ihr aber gerne in den Kommentaren stellen.

nett_hier

 

 

 

 

Gipfelblicke, Gletscherwände, Almwiesen – vom italienischen Chiesa in Valmalenco ins obere Engadin

von , 21. September 2023

 

Ich bin schon vor dem Weckerklingeln wach. Ob das heute alles klappt? Ob wir gut ankommen? Noch geht es nicht um einen steilen Pass, sondern um den Weg mit dem ÖPNV von Maloja, Graubünden/Schweiz, nach Chiesa in Valmalenco, Lombardei. Einmal um die Berge herumfahren, um zurück zu laufen. Die geplante Tour verspricht eine gute Mischung für eine abwechslungsreiche Streckentour: Weite Blicke, urige Hütten, zwei Gletscher, ein spannender Pass und eine Landesgrenze. Ich bin angenehm aufgeregt.

Aber zurück zum Anfang in Berlin vor wenigen Wochen: Valma – was? Nie gehört. Ach, Südseite der Bernina-Alpen an der Grenze Schweiz-Italien in der Lombardei? Das sagt mir eher etwas. So ähnliche Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich im Magazin vom Deutschen Alpenverein einen Tourenbericht gelesen hatte. Zur selben Zeit waren mein Mann und ich auf der Suche nach einer Strecke für eine Bergwanderung im Juni. Wir waren nun neugierig geworden auf Valmalenco – eher unbekanntes Terrain, mehrere Hütten zur Auswahl, mit dem Piz Bernina einen 4.000ender im Rücken.

Über Google Earth entdecken wir einen naturnahen Campingplatz auf der Schweizer Seite – und die Entscheidung war getroffen. Ein Blick in outdooractive.com förderte eine viertätige moderate Tour zutage, die uns für die Planung inspirierte. Von Chiesa in Valmalenco sollte es nach Maloja gehen.

Camping Maloja ©SuHerrmann

Camping Maloja ©SuHerrmann

Zum Akklimatisieren bauten wir unseren Lagerplatz für zwei Nächte am Camping Maloja auf. Auf 1.815 m hochgelegen, am blauen Silsersee, mit herrlichen Ausblick auf die umliegenden Gipfel. Ein kleiner, gepflegter und gut organisierter Platz. Das Campingplatz-Restaurant mit knuspriger Pizza zu fairen Preisen überzeugte uns sofort. Ein kühler Wind weht stets durch das Hochtal – für Wassersportler eine Freude, für meine Ohren eher nicht.

Dann geht es los – das Auto wurde am großen Wanderparkplatz kurz hinter dem Ort geparkt. Wir kurvten mit dem – auf die Minute pünktlichen – Postbus Nr. 4 den Maloja-Pass hinunter. In Chiavenna, schon Italien, gab es am Bahnhof den ersten Cappuccino der Reise – hier mit 2 € nämlich wieder bezahlbar. Zug und Ersatzbus brachten uns über Colico nach Sondrio. Von dort schraubte sich der Bus wieder in höher gelegene Gefilde. Chiesa ist der Hauptort im Tal Valmalenco, das in Sondrio beginnt und sich über 15 km nördlich auf den Piz Bernina (4.048 m) zu erstreckt. Das hübsche Bergdorf, gar nicht so klein, zieht sich über mehrere Etagen an den Hängen entlang. In einem sympathischen Bed & Breakfast verbrachten wir die Nacht. Der Vermieter Stefano kennt sich als angehender Mountain Guide sehr gut in der Region aus und konnte viele wertvolle Tipps geben.

Blick auf Chiesa ©SuHerrmann

Blick auf Chiesa ©SuHerrmann

Dem Gewitter entwischt – von Chiesa zum Rifugio Longoni (2.450 m)

1.Etappe: 14,7 km / ca. 1.500 m im Aufstieg, 80 m im Abstieg

Der nächste Morgen ließ den Kreislauf gleich auf Touren kommen: Bis zum Dörfchen Primolo waren es 300 Höhenmeter. Dort lohnte ein Blick in die Wallfahrtskirche Madonna delle Grazie von 1688. Der Weg führt weiter, am Hang entlang – und es wurde laut. Der Bergbau ist ein wichtiger Industriezweig in der Region, und unten im Tal war ein Steinbruch.

Nach der Ansiedlung San Guiseppe folgt man dem Weg durch sanfte geschwungene Almwiesen, bevor es durch trockenen Lärchenwald zum Abzweig zum Rifugio Longoni geht. Das ersten Stück durch den Nadelwald gleicht einer Aromatherapie, so herrlich duftet das Harz der Zirbelkiefern. Hier beginnt aber auch der wahre Aufstieg, für die nächsten Stunden haben Kreislauf und Oberschenkel ordentlich zu tun – aber bei 1.500 Höhenmeter Tagesziel war das ja zu erwarten.

Sanfte Almwiesen nach San Guiseppe ©SuHerrmann

Sanfte Almwiesen nach San Guiseppe ©SuHerrmann

Belohnt wird man mit einem grandiosen Ausblick und exzellenten Hüttenessen – und einer witzigen Hüttencrew. Das Rif. Longoni hatte erst wenige Tage zuvor aufgemacht – nur zu dritt waren wir an diesem Abend. Der Kaminofen knisterte wohlig im Speiseraum, während draußen der Himmel immer dunkler wurde und schließlich ein mächtiges Gewitter losdonnerte.  Wie froh waren wir, ein Dach über dem Kopf zu haben.

Maria und die Viper – vom Rifugio Longoni zum Rifugio Camerini (2.580 m)

2.Etappe: 12 km / ca. 770 m im Aufstieg, 650 m im Abstieg

Jurassic Park ©SuHerrmann

Jurassic Park ©SuHerrmann

„Jurassic Park“ steht heute Früh auf dem Programm – zumindest hatte unser Vermieter in Chiesa den ersten Wegabschnitt in Richtung Rif. Camerini so betitelt. Mehrere Wasserfälle stürzen dunkle Felswände hinunter – in der Zeit der Schneeschmelze ein eindrucksvolles Schauspiel der Kraft des Wassers. Etwas Kraxelei zu Beginn des Weges, dann braucht es manch mutigen Sprung, um über die gut gefüllten Bäche zu kommen. Wir steigen ab zur Alpe Fora, und folgen ein längeres Stück einem Pfad durch den Wald. Es geht quer durch Lärchenwald, und durch bunte Blumenwiesen. Maria grüßt immer wieder vom Wegesrand  – Abbildungen in kleinen Steinhöhen oder unter großen Baumwurzeln fallen auf. Irgendwie beruhigend, das sanfte friedliche Gesicht.

Die hübsche weitläufige Alpe d´Oro lädt ein zu pausieren und Energie zu tanken. Die kann man brauchen, denn kurz danach geht es 600 m hinauf zum Rifugio Camerini. Im oberen Teil versperren sulzige Schneefelder den Weg, mehrmals müssen Umgehungen gefunden werden. Auf einmal eine Bewegung, nur ein kleines Stück von der Stelle entfernt, wo mein Wanderschuh gerade aufgesetzt hat. Hui, eine kräftige Viper!  Mit ihrer schwarz-bronze farbigen Zeichnung ein beeindruckendes Tier, aber sie fühlte sich bedroht und geht in den Angriffsmodus. Schnell weg! Kurz danach ist die kleine Hütte erreicht, der Ausblick auf den Monte Disgrazia (3.678 m) mit Gletscherwand ist großartig. Hinter der Hütte ist Maria mit einer Statue präsent – ich glaube, es schadet gar nicht, wenn man sie mit auf dem Weg weiß..

Mit Maria hinter der Hütte ©SuHerrmann

Mit Maria hinter der Hütte ©SuHerrmann

Das kleine Rifugio Del Grande Camerini bietet acht Schlafplätze – zwei Doppelbetten in einem Biwak, vier auf einer Ebene über dem Esstisch. Heute sind wir die einzigen Gäste und können es uns im Biwak gemütlich machen. Der Blick in den Gletscher ist beeindruckend, man könnte lange einfach auf den Holzbänken sitzen und gedanklich in Schnee und Eis versinken.. Der Wind pfeift kalt und ordentlich, daher schauen wir lieber vom Bett aus, von wo aus tatsächlich der Gletscher zu sehen ist – wie genial ist das denn! Um 5 Uhr bin ich wach, wage mich dick eingemummelt in die Morgenkälte – und tauche ein in die zarten Farben der Dämmerung. Der Klang der Glocken aus dem Tal holt mich irgendwann wieder sanft zurück.

Angekommen am Rif Camerini mit Blick auf Monte Disgrazia ©SuHerrmann

Angekommen am Rif Camerini mit Blick auf Monte Disgrazia ©SuHerrmann

Über den Pass – vom Rifugio Camerini zur Fornohütte (2.574 m)

  1. Etappe: 5 km / 515 m im Aufstieg, 493m im Abstieg

Glück gehabt – blauer Himmel heute! Schon seit Tagen halten wir das Wetter im Blick, denn für die Überquerung vom Fornopass braucht es gute Sicht – die Route durch Stein- und Geröllfelder ist als alpine Route durch Stäbe markiert, seinen Weg muss man selber finden.

Stimmungsvolle Morgendämmerung ©SuHerrmann

Stimmungsvolle Morgendämmerung ©SuHerrmann

Ein Wegweiser zeigt die richtigen Richtung – laut Wanderkarte und Tracking-App hätten wir ein ordentliches Stück absteigen müssen, um den Fornopass in Angriff zu nehmen. Aber man kann quer über den Hang laufen, durch Geröll und ein Schneefeld. Und damit den Weg erreichen, der durch das Val Bona hinauf zum Pass führt. Meine Schritte sind achtsam, nicht wieder will ich einer Viper durchs Wohnzimmer laufen.

Der Pass kommt in Sicht – stattlich, aber machbar. Wir sind seit dem Morgen ganz alleine unterwegs, anscheinend ist der „Passo del Forno“ so früh in der Saison nicht sehr begangen. Im letzten und steilsten Stück versperrt ein weites Schneefeld den Weg – so ganz ohne Fußspuren scheint es sicherer, eine kleine Kletterpartie zu wagen und damit außenherum zu gelangen. Oben angekommen auf 2.781 m – das Herz wird weit, der Ausblick zurück ins Valmalenco ist großartig. Weiße Schäfchenwolken garnieren die Berggipfel.

Rückblick ins Valmalenco vom Fornopass aus ©SuHerrmann

Rückblick ins Valmalenco vom Fornopass aus ©SuHerrmann

Mit einem bewussten Schritt ist die grüne – oder eher graue – Grenze genommen. Hallo Schweiz! Wild ist der Blick ins Gerölltal – mehr als Stein und Schnee ist erst einmal nicht zu sehen. Der Abstieg über große Steinquader fordert die Knie, schließlich bahnt sich ein rot-weiß markierter Pfad durchs Hochtal. Nach einer Weile taucht das silbrig glänzende Hüttendach auf – immer wieder ein erfreulicher Moment, wenn das Tagesziel zu erspähen ist. Je näher wir kommen, je mehr eröffnet sich das Panorama auf den Fornogletscher. Seine Gletscherzunge bewegt sich in einer gewaltigen Rinne in Richtung Tal.

Mit einem Mal ist alles ganz anders – viele Menschen tummeln sich vor der Fornohütte, lüften Wanderschuhe und Socken, genießen ein Getränk in der Sonne. Nach den relativ einsamen Tagen im Valmalenco ungewohnt, aber auch irgendwie heimelig. Sogar eine Berlinerin machen wir ausfindig und ratschen ausgiebig. Die Hütte ist – wie zu erwarten – super organisiert, und die Nacht, trotz gut gefülltem Lager, erholsam.

Fornohütte ©SuHerrmann

Fornohütte ©SuHerrmann

Gletschereis und Blumenwiesen – Fornohütte nach Maloja

  1. Etappe: 13,1 km / 120 m im Aufstieg, 900 m im Abstieg
Viele Wege kreuzen den Blick auf den Fornogletscher ©SuHerrmann

Viele Wege kreuzen den Blick auf den Fornogletscher ©SuHerrmann

Wie alt dieses Eis wohl sein mag? So nahe war ich einer Gletscherzunge noch nie gekommen – beim Abstieg von der Fornohütte kann das Ende des Talgletschers erkunden. Die Eiszunge zog sich einst 8 km hinunter ins Tal, heute sind es weniger als 5 km – 18 m pro Jahr schmelzen weg. Trotzdem eindrücklich, wie gewaltig die Eismassen sind. Das zu Wasser gewordenen Eis wird zum Flüsschen Orlegna, es begleitet einen beim Weg durch das Fornotal. Anfangs läuft man vor allem im grauen Schutt der ehemaligen Grundmoräne, aber schließlich gewinnen Grün und bunte Bergblumen wieder die Oberhand. Am Lägh da Cavlogh springen die Mutigen in das klare, aber eiskalte Wasser – wir gehörten dazu! So erfrischt liefen sich die letzten Kilometer nach Maloja ganz flugs.

Gletscherzunge erkunden ©SuHerrmann

Gletscherzunge erkunden ©SuHerrmann

 

INFO

Anreise: Wir sind mit dem Auto angereist, aber die Anreise mit dem ÖPNV ist grundsätzlich möglich, es geht mit der Bahn von München über Zürich und Chur bis St. Moritz, und weiter mit Postbus Nr. 4 bis Maloja.

Kartenmaterial: Bernina – Valmalenco – Sondria, Kompass Karte Nr 93, 1:50.000; Artikel-Nr.: Ko_WK_93, EAN 9783991215905

Die Internetverbindung in Maloja und im Valmalenco ist relativ gut, daher lassen sich auch Tracking-Apps nutzen.

Ausrüstung: Wanderausrüstung, früh in der Saison Grödel wegen der Schneebretter

Wetter: sehr zu empfehlen die Wetterprognosen von MeteoSwiss, als App oder im Web

https://www.meteoschweiz.admin.ch/

https://www.meteoschweiz.admin.ch/service-und-publikationen/service/wetter-und-klimaprodukte/meteoswiss-app.html

Vor Ort:

Camping Maloja: https://www.camping-maloja.ch/

Wanderparkplatz Maloja: kurz nach dem südlichen Ortsausgang, in der ersten Kurve vom Maloja-Pass führt eine kleine Teerstraße zum Parkplatz

ÖPNV Maloja – Chiesa: Postbus Nr. 4 (von St. Moritz) bis Chiavenna, Bahn R 11 nach Colico, Bahn R 13 nach Sondrio, Bus Nr A 36/A 37 bis Chiesa, Busgesellschaft STPS (Busbahnhof hinter dem Bahnhof durch die Unterführung)

Übernachtung in Chiesa:

Bed & Breakfast Terre Aromatiche: https://www.terrearomatiche.it/

Hütten:

Refugio Longoni:

https://www.rifugi.lombardia.it/de/sondrio/chiesa-in-valmalenco/hutten-longoni.html

Refugio Del Grande Camerini:

https://www.rifugi.lombardia.it/de/sondrio/chiesa-in-valmalenco/hutten-del-grande-camerini.html

https://www.caisovico.it/rifugio/rifugio.html

Fornohütte (Capanna del Forno):

https://www.fornohuette.ch

Tourdaten: 21.-25.06.2023
Text und Fotos von: Su Herrmann (alle Rechte)

 

Mal schnell nach Armenien

von , 2. Juni 2023

titel-armenienSpazieren im Schnee und Cognac trinken –  Ein Kurzausflug nach Armenien.

Was tun, wenn sich ein paar arbeitsfreie Tage ergeben, sich die Turbulenzen einer Pandemie beruhigt und dadurch der Radius möglicher Reisen erweitert haben? Den Blick auf die Weltkarte richten und Möglichkeiten erörtern. Aufwand und Nutzen sollten nicht wieder in zu krassem Verhältnis stehen, wie „kurz mal für eine Woche nach Thailand“ – mit diversen Covid-Tests und Quarantäne. Nicht zuletzt wegen unaufwendiger Verbindungen, aber vor allem weil es von diversen Reisen in sehr guter Erinnerung geblieben ist, beschloss ich Anfang Mai 2022 wieder nach Armenien zu reisen. Bei der letzten Reise hatte ich den Aragats, ebenfalls im Frühjahr, bestiegen, also gedachte ich noch einmal über die zwischen Sevansee und der Araratebene gelegene Geghama-Kette zu gehen.

Anreise:

So begab ich mich an einem Freitagabend direkt aus der Fabrik zum Flugplatz, bestieg eine von mir sehr geschätzte Turboprop-Maschine nach Warschau, dort stieg ich um und befand mich früh um 5 Uhr am Flughafen Zvartnots unweit von Armeniens Hauptstadt im Nieselregen. Nachdem ich Geld getauscht und gefrühstückt hatte nahm ich ein Taxi nach Garni. Und, wie hätte es anders sein können in einer ehemaligen Sowjetrepublik, der Taxifahrer hatte natürlich in den 1980er Jahren bei den Westtruppen der Roten Armee in der DDR gedient, allerdings als Zivilangehöriger. Er sprach sehr gutes und gewähltes Deutsch, kannte alle Bezirke, schwärmte vom FKK-Strand in Warnemünde und fuhr nun nicht nur Taxi, sondern arbeitete auch als Guide für Touristen. So verging die Fahrt in angenehmer Konversation und im Morgengrauen befand ich mich an meinem Startpunkt.

Über die Geghama-Kette

Das Wetter hatte sich etwas gebessert und ich lief, nach einem sehr guten Kaffee aus den landesweit omnipräsenten Automaten am Wegesrand los, erst durch den erwachenden Ort und dann nach Nordosten, auf Straßen, Feldwegen und Pfaden. Langsam an Höhe gewinnend passierte ich hügeliges Weideland, sah Lagerstätten halbnomadischer Hirten und immer mehr Altschnee. Da ich das letzte Mal vor über 30 Stunden geschlafen hatte und die Sonne schien, nutzte ich dies für ein kleines Nickerchen im grünen Gras. Ich kam dann ganz gut voran, einzig die dunklen Wolkentürme hinter mir verhießen nichts Gutes. Bald setzte Donner ein, näher kommend und lauter werdend, und die damit einhergehenden Blitze waren durchaus respekteinflößend. Es gab weit und breit nichts, was hätte Schutz gewähren können, außer grüne Hügel und Gesteinsbrocken. Bald hagelte es und als Blitz und Donner sehr, sehr nahe waren kauerte ich mich hin. Doch das Gewitter zog vorbei, und ich spazierte weiter und erreichte bald Höhen mit einer geschlossenen Altschneedecke. Diese war oberflächlich verharscht, aber darunter teilweise sehr tief. Ich hatte mit Schnee gerechnet, neuem wie altem, aber die Dimensionen überraschten mich, und ich war dementsprechend suboptimal vorbereitet. Auf jeden Fall lag deutlich mehr Schnee als bei meinem letzten Ausflug in dieses Gebiet, obwohl dieser früher im Jahr stattfand. Schneeschuhe wären jetzt sehr praktisch gewesen, sie haben allerdings keine Handgepäcksdimensionen.

armenien-wandernMühselig war das Vorwärtskommen, immer wieder brach ich Knie-bis hüfttief ein, aber ich näherte mich langsam, laut fluchend und mit nassen Füßen, den höchsten Erhebungen. Die Wegwahl war die zwischen Pest und Cholera: entweder auf dem Schnee bleiben und hoffen, dass er möglichst gut trägt, oder über vereiste Blockfelder schlittern. Meist präferierte ich ersteres.

armenien-schneeZudem blies ein ziemlicher Wind, glücklicherweise von hinten. Gen Tagesende hatte ich nach über 30 Kilometern den Fuß des Azhdahak auf über 3000 m Höhe erreicht, entschied mich aber noch etwas weiter zu gehen. Zum einen waren mir die Mühen einer Besteigung in dieser Situation nicht plausibel, zum anderen wollte ich auf die Windschattenseite der Kette. Ich baute das Zelt auf, aß etwas Kaltes – einen Kocher hatte ich nicht mit – und schlief sofort fest und tief ein.

Der Morgen war frostig, aber nachdem die Sonne sich sporadisch zeigte und meine Stiefel aufgetaut waren, packte ich meine Sachen und ging relativ spät frohen Mutes weiter und bald bergab, und irgendwann hatten auch die elenden Schneefelder ein Ende und ich musste keine Angst mehr haben, beim nächsten Schritt wieder mit einem Bein zu verschwinden.

armenien-schnee-wandernEs wurde langsam wieder grün, hin und wieder ließ sich die Sonne sehen, in der Ferne der Sevan erahnen und die Luft wurde nun fast frühlingshaft warm.

…zum Sevan

Bald erreichte ich die erste Ortschaft, Tsaghkashen, und nachdem ich diese passiert hatte hielt neben mir ein Lada mit einer jungen Familie, der Sprössling lenkte auf dem Schoß des Vaters, die mich bis in den nächsten größeren Ort, Hatsarat, mitnahmen und mich an der Marshrutka-Haltestelle aussteigen ließen. So befand ich mich also auf dem Weg nach Jerewan, überlegte es mir aber anders und ließ mich in Sevan rauswerfen. Ich lief durch den Ort, nahm mir wegen des anhaltenden Nieselregens ein Taxi zur Sevan-Halbinsel, da ich wusste, dass die ehemalige Residenz des armenischen Schriftstellerverbands – ein Juwel moderner sowjetischer Architektur – nun ein Hotel war.

armenienIch hatte Glück, sie war geöffnet, wenn sie auch eindeutig bessere Zeiten gesehen hatte. Ich nahm mir ein Zimmer, duschte und spazierte über die Halbinsel. Ich genoss den Blick auf diesen faszinierenden See und die angrenzenden Berge, und auch die kleine alte Kapelle besuchte ich.

sevan-halbinsel-armenienEs hatte sich eine relativ dezente touristische Infrastruktur seit meinem letzten Besuch in Form von ein paar Buden und einem größeren Hotel entwickelt, die aber erst aus ihrem Winterschlaf erwachten. Abends speiste ich mit Panoramablick im Restaurant, unterbrochen von Einladungen zum Wodka vom Nebentisch, und begab mich bald ins Bett.

Jerewan

Am nächsten Tag lief ich auf Wegen oberhalb der Hauptstraße im Sonnenschein nach Sevan, fuhr dann nach Jerewan und bezog mein Quartier. Etwas ziviler gewandet spazierte ich dann durch Straßen und Parks und über Plätze dieser sehr angenehmen kleinen Metropole, was ich auch am Folgetag fortsetzte.

genozid-memorial-tsitsernakaberd-armenienDie Temperaturen waren frühlingshaft, die Einheimischen flanierten, und auch die Sonne ließ sich öfter mal blicken. Hin und wieder setzte ich mich vor ein Café und genoss zum Mokka auch den exquisiten armenischen Cognac.

opernplatz-kaffee-cognac-armenienBloß der Ararat war leider permanent in Wolken gehüllt und weder von Tsitsernakaberd noch vom Park des Sieges über der Stadt sichtbar. Wie beim letzten Besuch gab es wieder Straßenproteste, damals gegen die alte, nun gegen die neue Regierung, der vor allem Versagen beim letzten aserbaidschanischen Angriffskrieg gegen Artsakh 2020 vorgeworfen wurde. Ein Indiz einer anderen jüngsten postsowjetischen Grenzverschiebung mittels Waffengewalt war die auffällige Präsenz vieler junger russischsprachiger Menschen, deren Einkauf von Haushaltsgeräten weniger auf einen touristischen Aufenthalt als auf ein Einrichten fernab des Kremls schließen ließen. Ähnliches berichtete eine Freundin, die zur gleichen Zeit in Georgien weilte. Abends traf ich auf den Platz der Republik, wo zu klassischer Musik eine Choreographie aus Licht und Wasserfontänen ein wunderbares Ensemble bildeten.

platz-der-republik-armenienDoch auch dieser vierte Tag meiner Reise ging vorbei, ich ging früh ins Bett, da ich nachts um 3 zum Flughafen musste, melancholische Weisen aus dem Radio passten zu meiner Stimmung während der Taxifahrt durchs nächtliche Jerewan, da ich es schon wieder verlassen musste. Da ich ein Upgrade in die Business-Class ergattert hatte genoss ich das Frühstücksbuffet in der Lounge einschließlich eines Schlückchens Cognac.  Bei Morgendämmerung befand ich mich schon über dem Schwarzen Meer, schlief etwas, und am späten Vormittag wieder dort wo ich gestartet war: in der Fabrik. Kurzum, effektiver hätte ich die kostbare Freizeit kaum nutzen können.

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Nordkalifornien und Nevada – Eine Runde mit dem Rad

von , 25. Januar 2023

 

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Nordkalifornien und Nevada – Eine Runde mit dem Rad

Nach zwei Jahren Verzögerung war es Mitte September 2022 endlich so weit, eine Reise nach Nordamerika, noch dazu das erste Mal mit dem Fahrrad, stand auf der Agenda. Weiterlesen

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von , 1. Dezember 2022

kirgistan-tien-shan-packraftingEine für den Herbst 2021 anvisierte weitere pandemiebedingte halbseriöse Unternehmung wie „irgendwas mit dem Fahrrad in Südosteuropa“ ersetzte ich mit einer Reise in den kirgisischen Teil des Tien Shan. Warum? Weil die Einreise relativ unaufwendig möglich war, und ich vor allem mal wieder weiter weg wollte. Zudem war mir diese Weltecke aus drei vorherigen Reisen in guter Erinnerung. Weiterlesen

Paddeln mit einem Weltmeister – Camp4 Outdoor Academy

von , 25. Oktober 2022

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Platsch! Und ich liege im Wasser!

Dabei hatte ich nur ganz langsam den Steg losgelassen. Das ist aber auch ein verdammt schmales Boot. Weiterlesen